EDITORIAL # 31

YILMAZ DZIEWIOR / AUSSTELLEN UND SAMMELN / EXHIBITING AND COLLECTING

Die hier vorgestellte Bildauswahl gibt eine Ahnung von der Vielfältigkeit und Komplexität des Museum Ludwig. Gleichzeitig verrät sie etwas über die zukünftige Ausrichtung des Hauses, nicht nur in Bezug auf die Sammlung sondern auch auf die geplanten Wechselausstellungen. Denn wenn auch viele mit dem Museum Ludwig in erster Linie das immens große Picasso Konvolut, die umfangreichen Bestände aus der Russischen Avantgarde und der Pop Art verbinden, so gibt es mindestens zwei weitere Schwerpunkte, die unser Museum charakterisieren. Mit dem Bestand von rund 50.000 Fotografien sowohl aus der Frühzeit des Mediums als auch ganz aktuelle künstlerische fotografische Positionen ist ein weiterer wichtiger Akzent unseres Hauses auszumachen.
Ein mich besonders interessierender Aspekt ist der Umstand, dass Peter und Irene Ludwig schon sehr früh Kunst aus Afrika, Asien und Lateinamerika für unsere Institution erwarben. Dies gilt zum Beispiel für die Arbeit von Xu Bing Book from the Sky, die 1999 anlässlich der Ausstellung Kunstwelten im Dialog für unser Museum vom Sammlerehepaar Ludwig gekauft wurde und nachdem sie nun 15 Jahre im Depot war, das erste Mal wieder prominent ausgestellt wird. Ebenfalls befinden sich Werke von beispielsweise Cai Guo-Qiang, Fang Lijun und Yan Pei-Ming in unserer Sammlung. Hinzu kommen Arbeiten von George Adéagbo, Bodys Isek Kingelez, Kcho oder Seydou Keita, um nur einige Positionen jenseits von Europa und Nordamerika zu nennen.

Fernand Léger La partie de campagne, 1954 © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Wir haben uns mit dem Team das ganze letzte Jahr Zeit genommen, um die Neupräsentation der Museumssammlung zu konzipieren und umzusetzen. Es galt unter anderem die Schwerpunkte – Pop Art, Russische Avantgarde, Picasso, postkoloniale Kunst und Fotografie – in ihren unterschiedlichsten Facetten vorzustellen. Dabei interessierten uns auch immer wieder interdisziplinäre Ansätze, wie er zum Beispiel im Werk von Yvonne Rainer zum Ausdruck kommt. Die Neupräsentation der Sammlung ist insofern relativ einfach strukturiert, als sie chronologisch aufgebaut ist, indem sie mit Picasso, Beckmann, der Russischen Avantgarde und dem Haubrich Konvolut (u. a. Expressionisten und Neue Sachlichkeit) im 3. Stockwerk beginnt. Es folgt im 2. Stockwerk die Kunst der 1950er, 60er und 70er Jahre. Minimal und Konzeptkunst, Hard Edge Malerei und Informel ebenso wie die Pop Art und Fluxus. Vom Untergeschoss aus – quasi als metaphorisches Fundament – zieht sich die Zeitgenössische Kunst wie ein Rückgrat bis in den 3. Stock durch die gesamten Hallen des weitläufigen Treppenhauses.
Dabei ist es uns immer wieder ein Anliegen, auch die Wechselausstellung aus der Logik der Sammlung zu entwickeln. So haben wir ganz bewusst die neuerworbene figurative Bronzeskulptur von Heimo Zobernig, ein Selbstportrait des Künstlers, im Untergeschoss im Kontext der Zeitgenössischen Kunst ausgestellt, während im 1. Stockwerk seine Ausstellung im Rahmen der Kunstreihe HIER UND JETZT im Museum Ludwig zu sehen ist. Ähnlich verhält es sich mit den Arbeiten von Fernand Léger aus unserer Sammlung, die in unmittelbarer Nähe zur Überblicksausstellung des Künstlers zu sehen sind. Mit Fernand Léger. Malerei im Raum untersucht das Museum Ludwig erstmals das enge Verhältnis des Künstlers zur Architektur und seine spezifische Vorgehensweise die Malerei mit den Gebäuden zu verschmelzen. Und wenn wir für das nächste Jahr eine große Schau zu James Rosenquist planen, dann geschieht dies nicht zuletzt mit dem Bewusstsein, dass das Museum Ludwig einige der wichtigsten Arbeiten dieses Künstlers in seiner Sammlung besitzt.

Natalia Sergejewna Gontscharowa Porträt Larionow, 1913 © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Wir haben uns mit dem Team das ganze letzte Jahr Zeit genommen, um die Neupräsentation der Museumssammlung zu konzipieren und umzusetzen. Es galt unter anderem die Schwerpunkte – Pop Art, Russische Avantgarde, Picasso, postkoloniale Kunst und Fotografie – in ihren unterschiedlichsten Facetten vorzustellen. Dabei interessierten uns auch immer wieder interdisziplinäre Ansätze, wie er zum Beispiel im Werk von Yvonne Rainer zum Ausdruck kommt. Die Neupräsentation der Sammlung ist insofern relativ einfach strukturiert, als sie chronologisch aufgebaut ist, indem sie mit Picasso, Beckmann, der Russischen Avantgarde und dem Haubrich Konvolut (u. a. Expressionisten und Neue Sachlichkeit) im 3. Stockwerk beginnt. Es folgt im 2. Stockwerk die Kunst der 1950er, 60er und 70er Jahre. Minimal und Konzeptkunst, Hard Edge Malerei und Informel ebenso wie die Pop Art und Fluxus. Vom Untergeschoss aus – quasi als metaphorisches Fundament – zieht sich die Zeitgenössische Kunst wie ein Rückgrat bis in den 3. Stock durch die gesamten Hallen des weitläufigen Treppenhauses.
Dabei ist es uns immer wieder ein Anliegen, auch die Wechselausstellung aus der Logik der Sammlung zu entwickeln. So haben wir ganz bewusst die neuerworbene figurative Bronzeskulptur von Heimo Zobernig, ein Selbstportrait des Künstlers, im Untergeschoss im Kontext der Zeitgenössischen Kunst ausgestellt, während im 1. Stockwerk seine Ausstellung im Rahmen der Kunstreihe HIER UND JETZT im Museum Ludwig zu sehen ist. Ähnlich verhält es sich mit den Arbeiten von Fernand Léger aus unserer Sammlung, die in unmittelbarer Nähe zur Überblicksausstellung des Künstlers zu sehen sind. Mit Fernand Léger. Malerei im Raum untersucht das Museum Ludwig erstmals das enge Verhältnis des Künstlers zur Architektur und seine spezifische Vorgehensweise die Malerei mit den Gebäuden zu verschmelzen. Und wenn wir für das nächste Jahr eine große Schau zu James Rosenquist planen, dann geschieht dies nicht zuletzt mit dem Bewusstsein, dass das Museum Ludwig einige der wichtigsten Arbeiten dieses Künstlers in seiner Sammlung besitzt.

Pablo Picasso Arlequin, les mains croisées, 1923 © Succession Picasso/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Yilmaz Dziewior (*1964 in Bonn) studierte Kunstgeschichte und Archäologie in Bonn und London und arbeitete als freier Kunstkritiker u. a. für Artforum und Texte zur Kunst.
1997 hat Dziewior für das Museum Ludwig, Köln ein Projekt mit Sarah Lucas realisiert und war dort 1999 verantwortlich für den zeitgenössischen Teil der Ausstellung Kunstwelten im Dialog. Von Gauguin zur globalen Gegenwart.
Von 2001 – 2008 leitete Dziewior den Kunstverein Hamburg und hatte parallel dazu eine Professur an der Hochschule für bildende Künste, Hamburg. Im Kunstverein realisierte er u. a. Ausstellungen und Projekte mit Andrea Fraser, Bodys Isek Kingelez, Louise Lawler und Cildo Meireles. Dziewior arbeitete weiterhin als freier Kurator für die Ursula Blickle Stiftung, das Centro Cultural Andraxt und Para/Site. Von 2009 – 2014 war er der Direktor des Kunsthauses Bregenz. 2015 kuratiert Dziewior für die Biennale in Venedig den österreichischen Pavillon und zeigt dort Heimo Zobernig. Seit Februar 2015 ist Yilmaz Dziewior Direktor des Kölner Museum Ludwig.

Andrea Fraser, Kunst muss hängen, 2001 Installation view Museum Ludwig, Köln © Andrea Fraser, Photo: Rheinisches Bildarchiv Köln/Britta Schlier
Xu Bing A book from the sky, 1987–1991 Installation view Museum Ludwig, Köln © Xu Bing, Photo: Rheinisches Bildarchiv Köln/Eva Bauer
Heimo Zobernig Untitled, 2015 © VG Bild-Kunst, Bonn 2016, Photo: Rheinisches Bildarchiv/Britta Schlier

The selection of images presented here suggests some of the diversity and complexity of the Museum Ludwig, and coincidentally it also reveals something of the institution’s future direction, not just in terms of the collection but also with respect to the temporary exhibitions we have planned.
Even though many people primarily associate the Museum Ludwig with its complex of Picasso works as well as its extensive collections of the Russian Avant-garde and Pop Art, there are at least two other emphases that characterise our museum. Our collection presides over more than 50,000 photographs, both from the medium’s earliest days as well as contemporary artistic positions, and this is another important accent of our institution which remains to be fully recognised.
Another aspect that’s particularly interesting to me is that Peter and Irene Ludwig began acquiring art from Africa, Asian and Latin America for our institution very early on. This is the case, for example, with the work Book from the Sky by Xu Bing which the couple bought for our museum on the occasion of the exhibition Kunstwelten im Dialog and was only prominently displayed again after sitting in storage for 15 years. Likewise, our collection also includes works by Cai Guo-Qiang, Fang Lijun and Yan Pei-Ming as well as works by George Adéagbo, Bodys Isek Kingelez, Kcho and Seydou Keita, just to name a few positions operating outside of Europe and North America.
Our team has used all of last year to conceptualise and execute the new presentation of the Museum’s collection. One of our goals among others was to present the collection’s main areas – Pop Art, the Russian Avant-garde, Picasso, Postcolonial Art and photography – in their most diverse facets. At the same time, we’ve also had a sustained interest in interdisciplinary approaches, like those expressed in the work of Yvonne Rainer, for example.

Kai Althoff Ohne Titel, 2008 Installation view Museum Ludwig, Köln © Kai Althoff, Photo: Rheinisches Bildarchiv Köln/Britta Schlier

The collection’s new presentation is relatively simple insofar as it’s chronologically structured. It begins on the third floor with Picasso, Beckmann, the Russian Avant-garde and the Haubrich collection (featuring Expressionist and New Objectivist works). On the second floor, it continues with art from the 50’s, 60’s and 70’s: Minimal and Conceptual Art, Hard-Edge Painting, Art Informel, Pop Art and Fluxus. And starting in the basement – as a metaphorical foundation so to speak – contemporary art runs upwards through the halls of the spacious stairwell like a spine. We also have a sustained desire to develop our temporary exhibitions out of the collection’s logic. We thus consciously decided to exhibit a recently acquired, figurative, bronze sculpture by the artist Heimo Zobernig, a self portrait of the artist, in the context of the contemporary collection in the basement while his exhibition, the first installation of the HERE AND NOW at Museum Ludwig exhibition series, is on view on the first floor. A similar approach is at work in the presentation of works by Fernand Léger from the collection which are on view in immediate proximity to the survey show on the artist. With the exhibition Fernand Léger. Painting in Space, the Museum Ludwig will examine the artist’s close relationship to architecture for the first time, as well as his specific method of fusing painting with buildings. And if we’re planning a large show on James Rosenquist for next year, it is not least because of our awareness that some of the artist’s most important works reside in the Museum Ludwig’s collection.

Georges Adéagbo, Der Entdecker und die Endecker vor der Geschichte der Entdeckungen...! (L’explorateur et les explorateurs devant l’histoire de l'exploration...! Le théâtre du monde), 2002/2004 Installation view Museum Ludwig Köln © VG Bild-Kunst, Bonn 2016, Photo: Werner Maschmann

Yilmaz Dziewior (*1964 in Bonn, Germany) studied Art History and Archeology in Bonn and London and worked as a freelance art critic a.o. for Artforum and Texte zur Kunst. 1997 Dziewior realised a project with Sarah Lucas for the Museum Ludwig, Cologne and in 1999 he was responsible for the contemporary part of the exhibition Artistic worlds in dialogue. From Gauguin to the global present.
From 2001 – 2008 he was the director of the Kunstverein Hamburg and had a professorship at the Academy Of Fine Arts, Hamburg. Amongst others he realised exhibitions and projects with Andrea Fraser, Bodys Isek Kingelez, Louise Lawler and Cildo Meireles.
Dziewior continued working as a freelance curator for the Ursula Blickle foundation, the Centro Cultural Andraxt and Para/Site. From 2009 – 2014 he was the director of the Kunsthaus Bregenz. For the Venice Biennale in 2015 he curated the Austrian pavilion and invited Heimo Zobernig. Since February 2015 Yilmaz Dziewior is the director of the Museum Ludwig in Cologne.

Karl Schenker Damenbildnis, um 1920 Museum Ludwig
Yvonne Rainer Trio A, 1973 The Portland Center for Visual Arts Fotograf unbekannt © The Getty Research Institute, Los Angeles (2006.M.24)
William Eggleston Aus: Los Alamos, 1965–1974/2002 75-teilig © Eggleston Artistic Trust
Martin Kippenberger Sympathische Kommunistin, 1983 © Estate of Martin Kippenberger, Galerie Gisela Capitain, Köln