EDITORIAL # 28

LAURA MITTERAND / INDEPENDENT

aura Mitterand, Executive Director of Independent Fairs and Exhibitions

Anfang diesen Jahres kündigte die Independent New York ihre erste belgische Ausgabe der Messe für 2016 in Brüssel an.
Aus diesem Anlass führte Cahier ein Gespräch mit Laura Mitterand, der Direktorin von Independent.

Cahier: Im Jahr 2010 initiierten die Kunsthändler Elizabeth Dee und Darren Flook die Independent Kunstmesse in einem New Yorker Gebäude, wo zuvor das Dia Center for the Arts ansässig war. Im Februar 2015 kündigte die Independent eine erste belgische Ausgabe der Messe für Brüssel an. Diese wird im April 2016 im ehemaligen Dexia Art Center stattfinden. Das fast 5000 Quadratmeter große Gebäude aus den 1920er Jahren war einst Sitz der Dexia Bank Kunstsammlung. Eine ehemalige Druckerei mit einer Grundfläche von fast 400 Quadratmetern ergänzt das Platzangebot der Messe. Vielleicht könnten Sie etwas mehr über ihr Vorhaben erzählen?

Laura Mitterand: Die Independent entwickelt für Brüssel zwei Projekte: eine Kunstmesse und einen permanenten Ausstellungsraum. Ab 2016 wird die Messe während der Art-Brussels-Woche stattfinden. Teilnehmen werden etwa 60 Galerien und nicht-kommerzielle Einrichtungen. Viele davon haben sich schon vorher an der Independent beteiligt, aber wir hoffen nun auch mehr europäische Galerien begrüßen zu dürfen. Seit der Gründung im Jahr 2010 sind etwa 120 Galerien Teil der Independent gewesen, aber es gibt zahlreiche weitere junge und etablierte Galerien, mit denen wir gerne arbeiten würden. Brüssel ist für uns eine gute Gelegenheit um mit diesen Galerien in Austausch zu treten. Der Ausstellungsraum in der Rue de la Régence 67 wird den Galerien der Independent zur Verfügung stehen. Hier können sie Ausstellungen, Projekte, Konferenzen, Screenings oder andere Initiativen, die auf einen Raum angewiesen sind, umsetzen. Galerien suchen zunehmend nach Möglichkeiten, die Sichtbarkeit ihrer Künstler auch außerhalb der eigenen Räumlichkeiten zu erhöhen, und genau das soll unser Außenposten in Brüssel möglich machen. Am 10. September wird der Raum mit einer Ausstellung von John Stezaker eröffnen. Organisiert wird die Ausstellung von The Approach aus London.

 

Galerie Susanne Zander/ Delmes & Zander at Independent New York, March 2015

 

Cahier: Art Brussels und Art Cologne sind zwei traditionelle Kunstmessen, die, wie die Independent, auch im Monat April statt finden. Welche Rolle spielen diese Messen für die Independent? Wird eine Zusammenarbeit angestrebt?

Laura Mitterand: Art Cologne und Art Brussels sind zwei der ältesten Messen – sie geben für alle anderen Messen den Ton an, haben unzählige Konkurrenten überlebt und florieren. Noch heute beziehen sich diejenige, welche sich für Kunstmessen interessieren, auf die Art Cologne als Anhaltspunkt. Auch die Art Brussels entwickelt sich immerfort und bezieht 2016 einen neuen Standort. Beide Messen erfüllen nach wie vor ihren ursprünglichen Zweck während sie sich im gleichen Tempo wie die Kunstwelt weiterentwickeln. Es ist für uns ein bedeutender Umstand kurz nach der Art Cologne stattzufinden, sowie parallel zur Art Brussels zu verlaufen. Gleichzeitig lernen wir aus dieser Situation viel Neues. Im Vergleich hat die Independent eine sehr kleine Teilnehmerzahl, aber ihre Präsenz kann das Programm der beiden großen Messen ergänzen. Sowohl Dan Hug (Art Cologne) als auch Katerina Gregos (Art Brussels) haben uns schon im Vorfeld sehr unterstützt. Wir stehen in regem Kontakt zu ihnen, und suchen zusammen nach Möglichkeiten, wie alle drei Messen Teil eines gemeinsamen Besucherprogramms werden können. Köln ist mit dem Zug nur 2 Stunden entfernt. Eine großartige Chance für einen kulturellen Parcours in einer Region mit derart vielen Museen und Privatsammlungen.

Independent, Dexia Art Center, Brusselsj

Cahier: Die Independent bezeichnet sich als ‘halb Konsortium, halb Kollektiv und liegt somit irgendwo zwischen kollektiver Ausstellung und dem Überprüfen des Modell Kunstmesse. Sie reflektiert die sich ändernden Gegebenheiten und wachsenden Herausforderungen für Künstler, Galerien, Kuratoren und Sammler’.
Diese Initiative wurde von Galeristen und Künstlern gegründet und beraten. Sie unterscheidet sich nicht nur signifikant von anderen Messen, sondern hinterfragt das klassische Modell der Kunstmesse. Könnten Sie diese Behauptung im Hinblick auf die Reflexion der sich ändernden Gegebenheiten und wachsenden Herausforderungen für Künstler, Galerien, etc bitte etwas genauer ausführen?

Laura Mitterand: Wir sind uns alle einig, dass die Welt nicht noch eine Kunstmesse braucht. Aber in unserer Vorstellung unterscheidet sich die Independent auch deutlich von anderen Messen. Galerien werden auf Messen erwachsen. Anschließend werden diese Messen zu Verkaufsplätzen, mit mehr oder weniger Erfolg. Das ist wichtig, aber auch einseitig. Wir hoffen, dass die Independent dieses System verändert, indem sie eine Dynamik zwischen den Galerien und den Besuchern erzeugt. Da wir uns auf eine organische Entwicklung, erzeugt durch Teilnehmer der Messe und unseren künstlerischen Berater Matthew Higgs, verlassen, gibt es bei uns kein Bewerbungsverfahren. Teil dieser Dynamik ist, dass Galerien aufgefordert werden andere Galerien vorzuschlagen. Die Independent ist eine Platform, die die Zusammenarbeit von Galerien, Künstlern, Sammlern und Institutionen anregen soll. Wir räumen jeder Galerie Mitspracherecht beim Entwurf des Grundrisses ein, da diese selbst am besten wissen, wie ihre Künstler präsentiert werden sollten. Wir bemühen uns dann diese Anforderungen zu erfüllen. Manchmal muss, ich ehrlich gesagt, noch Überzeugungsarbeit leisten, damit Galerien von ihrem Revierverhalten absehen und ihren Stand in einem Raum aufbauen, der ‘gemeinschaftlicher’ ist als herkömmliche Kunstmessen. Aber es funktioniert, die Synergie ist spürbar und dies macht einen Riesenunterschied beim Betrachtungserlebnis.

Cahier: Was erwarten Sie von Brüssel?

Laura Mitterand: Zunächst haben wir uns wegen der günstigen Lage in Europa für Brüssel entschieden. Dann ist uns klar geworden, dass Brüssel auch noch ganz andere Qualitäten hat. Wir wollen Brüssel nicht unsere Erwartungshaltungen aufzwingen, sondern, im Gegenteil, schauen was es hier für Möglichkeiten gibt. Schon jetzt haben wir sehr viel Unterstützung von den hiesigen Galerien und Sammlern erfahren. Sie haben uns viele Möglichkeiten deutlich gemacht. Die Independent Brussels erweitert unsere Perspektive auf das, was in Belgien und den Nachbarländern entsteht. Dies wird schon bald auch unsere Aktivitäten in New York bereichern.

Earlier this year Independent New York announced that it will inaugurate its first belgian edition in 2016 in Brussels.
On this occassion, Cahier speaks with Laura Mitterand, the director of Independent.

Cahier: Back in 2010 art dealers Elizabeth Dee and Darren Flook founded the Independent Art Fair in New York, in a building, that formerly housed the Dia Center for the Arts. In February 2015 Independent announced it will inaugurate its first belgian edition in Brussels. In April 2016 Independent will take place in the former Dexia Art Center, a 50,000 square foot 1930s building that once housed the Dexia bank’s art collection. The fair has also secured a 4,000 square foot duplex in an old print works. Can you tell us a bit more about your plans?

Laura Mitterand: Independent is developing simultaneously two endeavors in Brussels: an art fair, and a permanent space. The art fair will take place during Art Brussels week, starting in 2016. It will include 60 participants, galleries and non-profits. Many of these will be prior Independent participants, but we also hope to welcome more galleries from Europe. Since it’s inception in 2010, we’ve had about 120 galleries rotating, but there are many young and established galleries we want to work with, and Brussels is an opportunity for us to establish a relationship with these. The permanent space, at 67 rue de la Régence, is at the disposal of Independent’s network of galleries to use for exhibitions, projects, conferences, screenings, or any other initiative that needs a roof. Increasingly, galleries are looking for ways of expanding the visibility of their artists beyond their walls, and our Brussels outpost will offer just that. The space is opening on September 10 with a show of John Stezaker organized by The Approach, London.

Cahier: Art Brussels and Art Cologne, two traditional art fairs also taking place in the month of April. Which role do these fairs play for Independent, is any cooperation aspired?

Laura Mitterand: Art Cologne and Art Brussels are two of the oldest fairs, they set the tone for all the subsequent international fairs. They’ve survided countless competitors and are striving. Art Cologne is still to this day a reference to any art fair enthusiastic. Art Brussels is always evolving, and is moving to a new location in 2016. They’ve maintained their original purpose, while developing at the same pace as the art world. For us to be following Art Cologne and concurrent to Art Brussels is a great context and lesson. Independent has a very small number of participants in comparison, and its presence can be complementary to the activities of these larger fairs. Both Dan Hug (Art Cologne), and Katerina Gregos (Art Brussels) have been very supportive, and we are in regular contact with them to find ways to integrate all three to the visitors program. Cologne is 2 hours away by train, it could be a wonderful opportunity to create a cultural parcours to a region with so many museums and private collections to visit.

Independent, Second Floor, Rue de la Régence 67, Brussels

Cahier: Independent characterizes itself as ´part consortium, part collective, Independent lies somewhere between a collective exhibition and a reexamination of the art fair model, reflecting the changing attitudes and growing challenges for artists, galleries, curators and collectors.´
Founded, run and advised by gallerists and curators, this approach seems not only a significant difference compared to other art fairs, it in fact challenges the classic model of how an art fair is run. Could you please amplify a bit more in detail this statement, especially regarding the reflection on the changing attitudes and the challenges for artists, galleries etc.

Laura Mitterand: Although we can all agree the world doesn’t need another art fair, we don’t envision Independent as just that. Fairs are a right of passage for galleries. Subsequently, they are constrained to being selling grounds, more or less successfully, which is important, but limited. We are hopeful Independent can challenge that system by creating a dynamic between the galleries, and the visitors. We don’t have an application process because we rely on an organic evolution instigated by our participants and artistic advisor Matthew Higgs. The fact that galleries are motivated to recommend other galleries is part of that dynamic. Independent is a platform to generate opportunities of collaboration for the galleries, the artists, the collectors, the institutions. We give each gallery an input in the design of the floorpan, as only they can know how best to present their artists, and we try to accommodate their requirements. To be honest, I still occasionally have to do some convincing to get a gallery to let go of its territorial habits when the time comes to install in a space that is designed in a more ‘communal’ way than traditional art fairs. But it works, the synergy is palpable and it makes a tremendous difference in the viewing experience.

Cahier: What do you expect from Brussels?

Laura Mitterand: At first, we decided on Brussels for its convenience in terms of location within Europe, however we are rapidly discovering that it has many more qualities! Brussels is shaping our expectations, instead of the other way around. We’ve already received tremendous support from local galleries, and collectors, they’ve expanded our understanding of the possibilities. In time, Independent Brussels will be able to feed our New York activities by broadening our perspective on what is emerging from Belgium and the neighboring countries.